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8 News gefunden > von Andreas Reisenbauer


“Was wollen Sie von Ihrem Chef, was Sie von Ihrem Vater nicht bekommen haben?” Diesen Klassiker aus den Coaching-Fragetechniken möchte ich mit diesem Beitrag thematisieren.

Für mich ist diese Frage besonders spannend in der Führungskräfte- und Teamentwicklung und ich möchte sie auch hier in diesem Blog aufgreifen. Unbewusst suchen viele Mitarbeiter in ihrem Chef eine “Vaterfigur” – mit all seinen positiven und negativen Begleiterscheinungen.

Ein Beispiel zur Veranschaulichung:

Jemand, der einen recht “unsichtbaren” Vater hat, wird sich auch im Berufsleben einen solchen “unsichtbaren” Chef wählen. Was bedeutet nun “unsichtbar”?

* Entscheidungsschwäche
* Geringe Authorität
* Selbstwertprobleme
* Alkoholismus etc.

Während in der ersten Zeit in einem neuen Unternehmen, dem neuen Mitarbeiter diese Parallelen vom Chef zum eigenen Vater nicht auffallen, ist dies beim ersten Auftreten von Problemen sehr wohl der Fall. Stellt man diesen Personen dann die eingangs erwähnte Frage, sprudelt es nur so aus ihnen heraus und die Querverbindung zwischen Privat- und Berufswelt wird klar ersichtlich. Diese Querverbindung kann natürlich mannigfaltige Ausgestaltungen haben und sollte keinesfalls als sakrosankt angesehen werden.
Festzustellen ist allerdings, dass sich die “unbewusste” Wahl des Chefs verändert, wenn ein Mitarbeiter auch seine private Vatergeschichte bearbeitet hat (etwa bei einer Therapie, im Coaching oder durch eine Aufstellung). Gelingt dieser Schritt, werden oft lange Phasen, die durch oftmalige Jobwechsel gekennzeichnet sind, beendet.

Was bedeutet das im Führungskräftekontext

Spannend ist die eingangs geschilderte Frage natürlich auch im Führungskräftekontext – natürlich im umgekehrten Sinn. Denn erstmals haben wir alle in unserem Elternhaus “Führung” erlebt. Auch hier ist speziell die Vaterrolle interessant. In vielen Coachings reflektieren Nachwuchsführungskräfte nach ein bis drei Jahren in Führungsverantwortung ...

Bei der Begleitung von Familienunternehmen muss der Coach oder Berater auf mindestens auf zwei Systemebenen arbeiten – nämlich im System “Firma” und im System “Familie”. Oft ist zu beobachten, wie in Familienunternehmen diese beiden Systeme derart eng verwoben sind, so dass auch handelnden Personen selbst keine Trennung mehr vornehmen können. Wichtig ist es auch für den externen Begleiter, die Strukturen und Verknüpfungen in Familienunternehmen zu verstehen. Erst so können alle Aspekte des Familienunternehmertums betrachtet werden .
Wer hinter die Kulissen von Familienunternehmen blicken möchte, dem sei das Buch Familienunternehmen beraten: Positionen und Praxisbeispiele ans Herz gelegt. Es eröffnet eine sehr spannende Sichtweise auf diese Thematik.

Hier ein Auszug aus dem Klappentext:
Familienunternehmen werden nach aktuellen Statistiken zu 50 Prozent und mehr von der nächsten Generation übernommen. Mit der öffentlichen Anerkennung des Erfolges von Mehrgenerationen-Familienunternehmen geht jedoch oft eine Entwertung von Eingenerationen-Familienunternehmen einher. Damit wird bei fast der Hälfte aller Familienunternehmen ein Versagen insbesondere bei der Nachfolgeregelung impliziert. Für die Beratung von Familienunternehmen ist dieser Umstand bedeutsam. So stellt sich die Frage, ob erfolgreiche Familienunternehmen notwendigerweise über mehrere Generationen hinweg bestehen müssen, oder ob sie nicht auch von ihren Gründern als zeitlich begrenzte Unternehmen angelegt und mit Erfolg geführt werden können. Diese und andere beratungsrelevante Themen werden in dem vorliegenden Band mit Blick auf die Praxis kritisch und vielstimmig diskutiert. Inspiriert durch diese Fragestellungen werden neue Beratungspraktiken vorgestellt, die über verwandtschaftsorientierte Konzepte hinausgehen und punktuelle, ressourcenorientierte, effiziente und kostengünstige Beratungen ermöglichen. ...

Sehr oft sprechen, agieren und reagieren Repräsentanten nicht so, wie es ihrer Rolle eigentlich entsprechen sollte. Beispielsweise ist es mir wieder einmal vor kurzem bei einer Aufstellung passiert, dass die “Sicherheit” sehr unsicher agiert hat und sich auch bei der Befragung alles andere als “sicher” gefühlt hat. Hier liegt eine Vermischung vor. Dieser Repräsentant kann sowohl mehrere Zustände, Aspekte bzw. Personen repräsentieren – für die Arbeit in der Systemaufstellung ist es allerdings wichtig, diese Überlagerungen aufzutrennen.

Insa Sparrer und Matthias Varga von Kibéd unterscheiden dabei vier Varianten:

Verwechslung:
Man kann das auch als Überlagerung bezeichnen. Man kann es z. B. daran erkennen, dass ein Aspekt oder ein Pol (wie oben geschildert) Gefühlsäußerungen macht, die eher zu Personen passen.

Verstellung:
Liegt dann vor, wenn ein Aspekt Äußerungen macht, auf die der Fokus aber völlig anders reagiert. Dann wird ein weiterer Stellvertreter eingeführt, zwischen Aspekt und Fokus gestellt und etwa so benannt: “Das, was die ganze Zeit schon dazwischen war.”

Verschleierung:
Ist dann zu beobachten, wenn ein Aspekt oder ein Pol in der Aufstellunug vage und undeutlich gesehen wird.

Vermischung:
Dieses Phänomen ist immer dann zu beobachten, wenn sich der Eindruck breit macht, dass unterschiedliche “Stimmen” aus dem Repräsentanten sprechen. Auch hört man von diesen Personen oft gewisse “sowohl-als-auch”-Sätze.

Gearbeitet wird beim sogenannten Entmischen, wie es Insa Sparrer und Matthias Varga von Kibéd praktizieren, sehr viel mit der kataleptischen Hand, mit der das Rausziehen des zweiten Zustandes, der zweiten Person oder des zweiten Aspektes deutlich sichtbar für den Fokus vorgenommen wird. ...

Für alle, die sich mit Organisationsentwicklung beschäftigen, möchte ich das Buch Scheitern mit Erfolg von Holger Regber empfehlen. In elf essayistisch verpackten Geschichten wird hier über den perfiden Unternehmens- und Beratungsalltag in modernen Zeiten berichtet.

Indirekt gibt das Buch Antworten auf folgende Fragen:

... warum beschäftigen Behörden nach Umstrukturierungen in der Regel mehr Mitarbeiter und verursachen höhere Kosten?
... wieso scheint zwischen Wachstum und Selbstbeschäftigung im Unternehmen ein direkter Zusammenhang zu bestehen?
... weshalb werden immer die befördert, die in ihrem bisherigen Job gut waren, und nie die, die für eine neue Aufgabe tatsächlich geeignet sind?
... warum hat eine Qualitätsnorm nichts mit Qualität zu tun?
... wieso verursacht Arbeitsteilung Mehrarbeit?
... weshalb scheitern so viele Veränderungen? ...

Sehr oft wird man gefragt, wie das möglich sei, ohne therapeutische Ausbildung “Familienaufstellungen” auch in Unternehmen durchzuführen? Allein der Terminus “Familienaufstellungen” in der Frage zeigt auf, wie oft die Methode der systemischen Aufstellungen falsch verstanden wird. Familienaufstellungen werden oft auch mit “Aufstellungen nach Hellinger” gleichgesetzt. Obwohl Bert Hellinger sicherlich bahnbrechendes für die Weiterentwicklung der Methode geleistet hat, ist sein Verständnis von scheinbar “absoluten Wahrheiten” rigoros abzulehnen.

So, und mit diesem Hintergrund ist man nun zwangsläufig konfrontiert, wenn die Grammatik der Stellungsarbeit in Unternehmen als Organisationsaufstellung angewendet wird. Um auf die Eingangsfrage zurückzukommen: Ja, es ist möglich, mit einer fundierten Ausbildung als Aufstellungsbegleiter und ohne Psychotherapieausbildung Organisationsaufstellungen zu leiten – eine einschlägige langjährige Praxis als Coach mit systemischen Schwerpunkt natürlich vorausgesetzt. Und jetzt die Einschränkung: Obwohl man in Organisationsaufstellungen ausschließlich im beruflichen Feld arbeitet, tauchen doch in der Praxis sehr oft Vermischungen mit dem privaten Bereich des Klienten auf. Ein professioneller Gastgeber einer Aufstellung würde aber in einem derartigen Fall nur bedingt darauf eingehen und das Thema mit einer bestimmten Technik “parken”. Sehr wohl muss aber der Klient darauf aufmerksam gemacht werden, dass dieses Thema wert wäre, bei einer anderen Gelegenheit (Coaching, Therapie oder Familienaufstellung) zu bearbeiten.

Dr. Peter Schlötter (http://www.p-schloetter.de) hat anhand von Organisationsaufstellungen mit stummen Vertretern die Wirksamkeit Systemischer Aufstellungen untersucht. Schlötter nutzt dabei nicht Menschen als Stellvertreter oder Repräsentanten, sondern arbeitet mit lebensgroßen Figuren. Im Prinzip sind diese als Weiterentwicklung von herkömmlichen Bodenankern (Polster, Farbkärtchen etc.) zu sehen. Spannend auch das Video (siehe den Link am Ende dieses Artikels), das die wissenschaftliche Arbeit von Schlötter nachzeichnet. Darin ist auch klar erkennbar, wie präzise die Aussagen von völlig unterschiedlichen Testpersonen in einem Aufstellungsbild sind, wenn diese einen ganz bestimmten Platz einnehmen. ...

Oft werden nach Aufstellungen Prozesse diskutiert. An der Art und Weise, wie sich die ehemaligen Repräsentanten bzw. Stellvertreter äußern, ist oft festzustellen, dass diese noch in ihrer Rolle verhaftet sind. Ich finde es immer wieder bedenklich, wenn Leiter von Aufstellungen die Repräsentanten nicht explizit auf das Entrollen hinweisen. Hier einige Möglichkeiten zur Auswahl:

* auf den Boden stampfen
* den Körper mit den Händen abstreifen (= die Rolle abstreifen)
* den eigenen Namen mehrmals laut aussprechen
* den Körper abklopfen
* über die Handgelenke kaltes Wasser laufen lassen

Bei intensiveren Rollen haben sich als hilfreich erwiesen:

* Duschen
* Rückgaberitual in der Natur
* Sätze wie “das was nicht zu mir gehört, gebe ich…” oder “das was wichtig war für mich, nehme ich als Geschenk mit…” ...

Jeder, der über einen längeren Zeitraum Aufstellungen leitet, kennt sie: die sogenannten “Aufstellungsjunkies”. Gemeint sind Personen, die ein Anliegen nach dem anderen in diversen Aufstellungen in sehr kurzen Abständen einbringen. Vordergründig sind es unterschiedliche Anliegen, blickt man hinter die Kulissen, dreht sich allerdings alles um ein “Generalthema”. Dieses scheint noch nicht gelöst zu sein – oder mehr noch: Die Person hat auch einen regelrechten Nutzen, dass dieses Problem noch nicht gelöst ist. Leider sind diese “Aufstellungsjunkies” auch der Meinung verfallen, dass es ausreicht, eine Aufstellung zu besuchen. Danach setzt ein magischer Prozess ein und alle Problem lösen sich in kurzer Zeit selbst auf. Dass damit die Aufstellungsarbeit völlig falsch betrachtet wird, muss hier wohl nicht extra betont werden.

Umgang mit “Aufstellungsjunkies”

Beim 1. Aufeinandertreffen mit einer derartigen Person ist es natürlich für den Gastgeber einer Aufstellung unmöglich, die Dynamik hinter diesem Verhalten zu erkennen. Spätestens nach der zweiten Aufstellung mit ein- und derselben Person, wo es sich um dasselbe Thema dreht, sollte aber mit dem “Junkie” ein vertiefendes Gespräch geführt werden. Auch auf die Gefahr hin, dass die Person nie wieder gesehen wird und in einer anderen Aufstellungsrunde bei einem anderen Aufstellungsleiter wieder auftaucht. Wenn sich alle Vertreter unserer Zunft an diese grobe Richtlinie halten würden, hätten wir sicherlich alle einen guten Schritt in Richtung Qualitätsverbesserung getan. ...


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