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Eine Aufstellung mit Figuren in der Einzelberatung, im Einzelcoaching und in der Einzeltherapie ist eine hocheffiziente Methode, in überraschend kurzer Zeit sowohl relevante Informationen über ein Beziehungssystem zu gewinnen, als auch Veränderungsmöglichkeiten anzuregen.
Die Aufstellung erleichtert Klienten und Beratenden das Einnehmen einer dissoziierten Perspektive, gibt klare Hinweise auf Wechselwirkungen, Dynamiken und Beziehungsmuster in Systemen und erlaubt es, mögliche Lösungen vorweg zu nehmen. Auch komplexe Beziehungssysteme lassen sich damit ausgezeichnet räumlich darstellen.
1997 nahm ich das erste Mal an einer Familienaufstellung teil. Obwohl damals nur als Darsteller dabei, war ich von der Methode und ihrer Wirkung tief ergriffen.
Es ging nicht mehr um Therapie im klassischen Sinn, sondern um Bewusstmachung von Verstrickungen und Blockaden, die einer selbstbestimmten Lebensführung entgegen stehen. Was der Klient aus diesen neuen Erkenntnissen macht blieb und bleibt ganz in seiner Verantwortung.

Eine Zeit der intensiven Aus- und Weiterbildung folgte. Neben meiner Tätigkeit in der Einzelberatung leitete ich im Zuge verschiedener Selbsterfahrungsseminaren immer wieder Familienaufstellungen. Auch hier war das Echo der Teilnehmer überwältigend positiv und die Wirkungen der Aufstellungen zumeist anhaltend lösend.

Meine Überzeugung wuchs, dass ich mit der systemischen Aufstellungsarbeit ein Instrument in Händen hielt, das wirksam und sanft zugleich, meinen Klienten half, zur Herkunfts- oder Gegenwartsfamilie in tiefen inneren Kontakt zu kommen und die verbindende Liebe und gegenseitige Achtung zu spüren,
Ich konnte erkennen, dass die Übernahme eines „falschen“ Platzes im Herkunftssystem zu Problemen des Klienten in vielen anderen Bereichen führen kann. Nicht nur im Familienkontext zeigten diese Blockaden ihre Wirkung. In sämtlichen Systemen, in denen sich der solchermaßen verstrickte Klient bewegt, wird er immer wieder die gleichen Verhaltensmuster an den Tag legen, die wieder zu denselben Konstellationen und Konfliktherden führen und die „alten Verletzungen“ aufs Neue wiederholen. Besonders geeignet für dieses Wiederholungsdrama ist der Arbeitsplatz und das berufliche Umfeld. Hier trüben Projektionen, Verwechslungen und Wiederholungsdramen die Sicht auf das, was wirklich ist und treiben Menschen in Machtkämpfe, Konkurrenzdenken, Platzgerangel, Mobbing usw.

Immer und immer wieder konnte ich die positive Wirkung von Aufstellungen zu familiären oder beruflichen Konfliktsituationen in der Gruppe überprüfen.
Nach einiger Zeit beschäftigte mich die Frage, wie ich diese Art der Arbeit in meine Einzelberatung integrieren könnte.
Schließlich ist die Arbeit in der Gruppe nicht für jeden Menschen geeignet. Manche Frauen und Männer finden den Gruppenrahmen zu wenig intim, sie wollen ihre Gefühle und Gedanken nicht mit so vielen fremden Menschen teilen. Und bei akuten Problemsituationen stand auch nicht immer eine Gruppe zur Verfügung, sondern waren die Zeitabstände bis zur nächsten Aufstellungsmöglichkeit für die Klienten manchmal zu lange.

Zuerst arbeitete ich mit Sitzknöpfen. Diese wurden vom Klienten im Raum verteilt, genau wie bei einer Aufstellung die Darsteller. Er konnte dann selbst die verschiedenen Rollen einnehmen und wie beim Familien-Stellen arbeitete ich mit „lösenden Sätzen“ und mit der rituellen Rückgabe übernommener Gefühle.
Der Vorteil dieser Art der Aufstellung war eindeutig die Möglichkeit der räumlichen Darstellung des Systems und die Möglichkeit für den Klienten selbst in die wichtigen Rollen zu schlüpfen und die Gefühle mit seinem gesamten Körper zu spüren.
Der Nachteil bestand in dem zum Teil sehr zeitaufwendigen Vorgehen. Außerdem brauchte ich für diese Art der Aufstellungsarbeit viel Platz, der nicht immer zur Verfügung stand.


Heute arbeite ich mit Figuren, die extra zu diesem Zweck von einer Firma hergestellt werden und bei Carl-Auer-Systeme Verlag zu beziehen sind, bzw. mit sehr schönen Holzfiguren, die ich mir im Bastelgeschäft besorgt habe.

Es ist wichtig, die Holzfiguren zu markieren, um bei der Aufstellungsarbeit erkennen zu können, in welche Richtung die aufgestellte Person blickt. Für Aufstellungen im beruflichen Kontext verwende ich Halbkugeln, Kegel oder Würfel um die Firma, das Ziel, den Konflikt oder ähnliches darstellen zu können. Wichtig erscheint mir in diesem Zusammenhang auch, den Raum, in welchem sich das System bewegt einzugrenzen. Erst durch diese Grenzen kann ich als Berater erkennen, wenn jemand am Rande steht oder das System sogar schon verlassen hat. Es eignen sich dafür kleinere quadratische Tische. Bei runden Tischen scheint mir eine Raummetapher und damit das Lösungsbild Kreis unbewusst vorgegeben. In einer Diskussion mit Kollegen schlug einer den rechteckigen Tisch als Systemgrenze vor und ein anderer meinte: „Da kommt dann eine Seite zu kurz.“

Ich habe ebenfalls von einem Kollegen gehört, dass er Schachfiguren für seine Aufstellungen in der Einzelberatung verwendet. Interessant findet er dabei die archaisch, hierarchisch interessante symbolische Bedeutung der einzelnen Schachfiguren und die Trennung in schwarz und weiß für männlich und weiblich. Besonders bei Organisationsaufstellungen kommen bei der Arbeit mit Schachfiguren zusätzliche Informationen durch Metaphern und Assoziationen des Kunden ins Spiel. Das Schachbrett kann gleichzeitig als Systemfeld genützt werden. Wichtig erscheint diesem Kollegen auf jeden Fall, dass der Berater eigene Assoziationen und Projektionen auf die Figuren aus der Beratung heraushalten kann.


2 Beispiele für eine Aufstellung in der Einzelarbeit mit Klienten möchte ich hier anführen. Die persönlichen Daten meiner Klienten wurden verändert und die Veröffentlichung geschieht mit ihrem Einverständnis.

Fallbeispiel 1 zu einer familiendynamischen Aufstellung:

Die 40-jährige Klientin kommt mit dem Thema einer Schilddrüsenunterfunktion zu mir. Sie fühlt sich antriebslos, ohne Perspektive, hoffnungslos und deprimiert. Es fehlt ihr nach eigenen Angaben ganz stark das Gefühl von Lebensfreude.

Die Aufstellung ihres Herkunftssystems ergibt folgendes Bild:
Die Mutter der Klientin war in erster Ehe mit ihrem 1. Mann verheiratet. Sowohl er, als auch ihr gemeinsames Kind sterben im Krieg. Die Mutter lernt ihren 2. Mann kennen, das gemeinsame Kind stirbt ebenfalls im Kleinkindalter, der 2. Mann etwas später.
Die Klientin ist das 3. Kind dieser Frau mit deren 3. Mann. Der Vater der Klientin ist ebenfalls verstorben, als diese 6 Jahre alt war.
Als die Klientin ihre Herkunftsfamilie aufstellt, blicken alle Figuren in eine Richtung, auch die Figur, welche die Klientin für sich selbst gewählt hat. Das ganze System tendiert in eine Richtung. Als ich die Figuren hintereinander aufstelle, wird diese Dynamik noch deutlicher.

Hier ist eine Nachfolgetendenz der wenigen überlebenden Familienmitglieder zu erkennen. Erst eine Gegenüberstellung der Klientin mit allen verstorbenen Mitgliedern ihres Systems, das Anerkennen deren Schicksals und ein Abschied nehmen von ihnen bringt der Klientin Erleichterung. Der „Kloß in der Kehle“ darf einer echten Trauer weichen, die nach einer gewissen Zeit auch wieder vorüber sein kann. Hier ermöglicht das Erkennen der bis dahin unbewusst wirkenden Dynamik der Klientin, diesem systemischen Sog aus eigenem Willen entgegen zu wirken.

Fallbeispiel 2 zu einer beruflichen Fragestellung:

Ein 42-jähriger Angestellter hat nach einem internen Wechsel in seiner Firma das Gefühl, in das neue Team nicht integriert und von seinen Kollegen nicht akzeptiert zu werden. Das Team besteht aus dem Abteilungsleiter, dessen Stellvertreter, 2 Teamkollegen und dem neu hinzugekommenen Kunden. Am meisten Schwierigkeiten macht dem Kunden das Naheverhältnis von Abteilungsleiter und Stellvertreter, den er als „Spion“ empfindet und er kann nicht verstehen, weshalb dieser eine so gewichtige Stellung in der Gruppe hat. Das Ziel des Kunden ist die Reflexion der eigenen Rolle im Team.

Als er das System aufstellt, stehen der Abteilungsleiter und dessen Stellvertreter sehr nahe beieinander und blicken sich an. Die anderen 3 Teammitglieder blicken auf das Führungspaar, stehen aber in einiger Entfernung.
Ich bitte den Klienten, sich abwechselnd in die Rolle des Abteilungsleiters und dessen Stellvertreter zu versetzen. Hier erfährt und erfühlt er, für sich überraschend, wie viel Einsatz der Stellvertreter des Abteilungsleiters bringt, um das Team zusammen zu halten und ein funktionierendes System zu schaffen. Der Kunde kann auch spüren, dass sich der Stellvertreter d. A. dafür mehr Anerkennung wünscht. Die Wichtigkeit des Abteilungsleiters liegt in der Verbindung zu übergeordneten Stellen.
Durch die Aufstellung kann der Kunde erkennen, dass die enge Zusammenarbeit der beiden Führungskräfte sich nicht gegen das Team stellt, sondern im Gegenteil, ein reibungsloses Funktionieren garantiert. Er kann die Arbeit des Stellvertreters d. A. nun viel besser würdigen.
Lösungssätze aus dem Familien-Stellen bringen auch hier weitere Entspannung in das System. Wichtig ist allen Beteiligten das Wissen um den „richtigen“ Platz im System und das Anerkennen des Platzes der jeweils anderen Teammitglieder.
Der Kunde ist das 5. Teammitglied, da er als letzter hinzu gekommen ist. Nachdem er sich sowohl in seinen Chef und in dessen Stellvertreter hineinversetzen konnte, gewinnt er eine völlig neue Perspektive für das System als Ganzes und seine derzeitige Arbeitssituation. Er fühlt, dass die Integration einfach ein bisschen Zeit braucht, aber einer gemeinsamen, erfolgreichen Arbeit nichts entgegen steht.


Aufstellungen in der Einzelarbeit sind für die meisten Themen des Klienten geeignet, für welche auch eine Aufstellungsarbeit in der Gruppe in Frage kommt.

Sie wird von jenen Klienten als angenehme Alternative empfunden, die sich schwer tun, Gefühle im Beisein von anderen Menschen zu spüren oder zu zeigen.

Auch Frauen und Männer, die im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen (Politiker, Sportler usw.) haben diese Methode in der Einzelarbeit zu schätzen gelernt. Hier finden sie einen diskreten Rahmen für Persönlichkeitsarbeit ohne intime Details der Familiengeschichte einem breiteren Publikum bekannt zu machen.

Selbstverständlich eignet sich die dargestellte Methode auch zur Supervision für Menschen, die therapeutisch oder beratend tätig sind.

Ruth Pils-Gruber



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